Allerlei-Sammelmaschen 📃
Ungebetener Besuch
Vor kurzem sind wir in ein kleines, beschauliches Dorf gezogen. Gegenüber unserer Wohnung, auf der anderen Straßenseite, steht eine kleine Kirche.
In unserer Wohnung stehe ich in einem Zimmer gebückt über einem Umzugskarton. Zwei Finger klopfen vorsichtig gegen den Holztürrahmen. Unerwartet erschrocken richte ich mich auf. Im Türrahmen steht ein schlanker, langer Mann. Er trägt eine schwarze Pfarrerkutte mit dem typischen weißen Halskragen, seine Hände im Schoß gefaltet. Sein Gesicht strahlte eine regelrechte Frömmigkeit aus … Seine Ausstrahlung wirkte auf mich wie: „Ich bin euer Schäfer und ihr meine Schafe.“
„Grüß Gott“, grüßte er sanft. In seiner Pfarrersprache sprach er dann:
„Auch wenn Sie nicht gläubig sind, können Sie gerne zu unseren wöchentlichen Vorlesungen in unserem Gemeindehaus kommen.“
In meinem Kopf wiederholte ich: „Vorlesung.“
Hinter ihm tauchte mein Mann, sichtlich aufgebracht, auf:
„Muss man denn in die Kirche gehen, um gläubig zu sein? Egal ob Gott, Allah oder Buddha … es gibt nur einen Herrgott!“
Dabei streckte er seinen Arm mit der flachen Hand nach oben. Der Pfarrer machte sich ganz schmal und drückte sich an ihm vorbei.
Einige Wochen später kamen ein paar Nachbarinnen, mit denen ich mich angefreundet hatte, bei mir vorbei. Sie überredeten mich, zur Vorlesung mitzukommen. Kurz schaute ich meinen Mann an. Er nickte mir zu, und so ging ich mit.
Unterwegs, bei dem kurzen Weg zum Gemeindehaus – die jungen Frauen total aufgedreht, durcheinander plappernd, ich in der Mitte eingehakt – schnappte ich ein paar Wortfetzen auf:
„welches Thema“, „welcher Bibelvers“, „was meinst du?“, „welches Lied?“
– „Du, bei Paulsens Bauernhof kann man jetzt auch Eier kaufen“, kicherte verliebt eine der jungen Frauen.
Am Gemeindehaus angekommen, sah ich im Gang auf einer Schiefertafel mit geschwungener Handschrift geschrieben:
„Thema Glaube“.
Es wird in den Saal hineingetänzelt. Die Stühle sind schon vorbereitet. Hinter den Stühlen stehend, bekomme ich mit, wie eine etwas ältere Bauersfrau erklärend schimpft:
„Also ihr wisst doch genau, dass die vorderen Reihen für die älteren Gemeindemitglieder vorgesehen sind!“
Dabei verscheuchte sie die Jugendlichen und wies ihnen ihre Plätze zu.
Nach kurzer Zeit hatte jeder seinen Platz eingenommen. Mein Blick schweifte kurz nach hinten: auch mein Mann saß da, in der hinteren Reihe. Kirchenmusik drang aus den Boxen.
Der Pfarrer schritt zum geistlich vorbereiteten Pult. Freudig blickte er über seine Gemeindemitglieder hinweg, erhob seine sanfte Pfarrerstimme und sprach:
„Grüß Gott, herzlich willkommen zu unseren wöchentlichen Vorlesungen.
Ich stelle mich kurz vor für diejenigen, die mich noch nicht namentlich kennen: Pfarrer Liebaug.
In unserer Gemeinde begrüße ich unseren Neuankömmling Tim, den ich letzten Monat taufte, unsere neuen Nachbarn, das Ehepaar Gutberg, und unsere Besucher von der Nebengemeinde.“
Als er seinen Satz beendet hatte, drehte er sich um, nahm das hinter ihm liegende Gesangbuch in seine Hände und wandte sich wieder zu uns:
„Heute singen wir unser Eingangslied, danach werde ich einen Vers aus der Bibel vorlesen“, verkündete der Pfarrer.
Andächtig sangen und lauschten die Mitmenschen. Die Bücher wurden wieder zurück auf ihren Platz gelegt.
Pfarrer Liebaug hinter seinem Pult, die Arme nach oben ausfaltend, begann mit seiner anmutigen, sanften Pfarrersprache:
„Thema Glaube …
Muss man denn gläubig sein, um in die Kirche zu gehen?
Glaube kann man nicht sehen.
Der Kranke kann von zuhause aus beten, jeder kann für sich alleine beten.
Die Kirche ist für die Gemeinschaft da.
Die Macht des Betens ist Gottes Macht, denn in der Gemeinschaft sind wir stark.
Amen."
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